Editorial

  • Edith Zundel
Schlüsselwörter: Editorial

Zusammenfassung

Dass wir sterben müssen, ist die einzige absolute Gewissheit, die wir Lebenden haben. Meistens verdrängen wir sie. In unserer modernen Welt gibt es keine mahnenden Bilder von Totentänzen mehr, und auf unseren Uhren steht auch nicht mehr „Ultima latet“, „die letzte Stunde ist verborgen“ – sie könnte schon heute sein. In solchen Mahnungen, an den Tod zu denken, steckten auch in Europa, ähnlich wie im Tibetischen Totenbuch, eigentlich Anweisungen zum richtigen Leben, sei es nun fromm und gottesfürchtig oder meditativ und gelassen. Und nicht nur das. Unsere Endlichkeit konfrontiert uns auch mit der Frage nach Ursprung, Ziel und Sinn unserer Existenz. Die Religionen der Welt geben unterschiedliche Antworten auf diese Fragen. M. v. Brück beschreibt in seinem Artikel die Einstellung zum Tod im Hinduismus, Buddhismus und im Christentum. In unserer säkularisierten Welt hört man oft: „Vor dem Tod habe ich eigentlich wenig Angst“ – an Fegefeuer oder Jüngstes Gericht denken die Menschen kaum noch –, „aber das Sterben kann so qualvoll sein und sehr lange dauern“. In fast allen Ländern der westlichen Welt wird deshalb die aktive Sterbehilfe diskutiert, zum Teil auch schon praktiziert. Über das Für und vor allem das Wider dieser Praxis schreibt U. Eibach. Ist die Möglichkeit, das eigene Leben zu beenden, wirklich das, was Schwerkranke und Sterbende brauchen? M. Müller hat einen Krebskranken angeregt, sein inneres Erleben zu malen. So entstand in den Wochen vor seinem Tod eine bewegende Bildergeschichte. M. Müller bespricht sie nicht nur, sondern beschreibt und reflektiert gleichzeitig die Arbeit der Hospizbewegung. Leicht ist die Begleitung Sterbender nicht, fordert sie doch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit auch vom Helfenden. G. Geis, W. Belschner und R. Oldenburg untersuchten an 472 Professionellen (Pflegekräfte, Ärzte, Psychologen, Seelsorger und Ehrenamtler) die Auswirkung der spirituellen Orientierung auf die subjektiv gefühlte Belastung; sie ist groß. Was wissen wir eigentlich vom dem, was nach dem Tod kommt, vom Jenseits? M. Schröter-Kuhnhardt hat hundert Menschen untersucht, die ein Nah-Todeserlebnis hatten und diskutiert die Berichte. K. Wilber bekennt sich zum Glauben an die Wiedergeburtslehre und beschreibt den Sterbeprozess und auch die Zeit danach, wie sie im Tibetischen Totenbuch dargestellt ist, sowie meditative Techniken, diese Prozesse und damit nicht nur ein gutes Sterben, sondern auch ein gutes Leben einzuüben. Nah-Todeserlebnisse, wie zum Beispiel der Gang durch eine dunkle Höhle ins Licht, stammen für Wilber aus frühen Stadien des Sterbeprozesses. Zum Schluss beschäftigen sich W. v. Lucadou und F. Zahradnik mit ungewöhnlichen Erlebnissen als Gegenstand parapsychologischer Forschung und Beratung.
Für dieses Heft sind Harald Piron und Edith Zundel verantwortlich.
Wir wünschen unseren Lesern eine besinnliche Lektüre.

Edith Zundel

Veröffentlicht
2005-08-03