Achtsamkeit – ein Begriff zwischen den Welten
Teil Eins – Zur Psychologie buddhistischer Geistesgegenwart
Zusammenfassung
Dieser Aufsatz ist der Versuch einer Erhellung der Begriffe ›Achtsamkeit‹, ›Geistesgegenwart‹, ›Gewahrsein‹ und pendelt in ihrer Verwendung zwischen kontemplativen und psychotherapeutischen Zusammenhängen. Die Begriffe werden im Folgenden als synonyme Übersetzung des englischen ›mindfulness‹ verwendet – oder vielmehr des buddhistischen Konzeptes von sati (Geistesgegenwart), auf welches ›mindfulness‹ als auch seine deutschen Entsprechungen zurückgehen. ›Achtsamkeit‹ und ›mindfulness‹ sind Modewörter geworden. Eine Folge davon ist, dass sich einerseits das alte Konzept der Achtsamkeit, ihre Übung und ihre heilsame Wirkung in einer breiteren Öffentlichkeit zunehmender Wertschätzung erfreut – und damit auch die Akzeptanz kontemplativer Ansätze in psychotherapeutischer Arbeit zu wachsen verspricht. Andererseits wächst mit der Popularität dieser Begriffe die Gefahr ihrer Verflachung – etwa dass ›Achtsamkeit‹ oder ›mindfulness‹ als lediglich weitere Pfeile im Köcher einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Psychotherapie in ihrem ursprünglich buddhistischen Bedeutungsgehalt verloren gehen. Ich möchte hier in einem Rückgriff auf das buddhistische Verständnis von Geistesgegenwart deren ethische, emotionale, soziale und erkenntnisbezogene Dimensionen herausarbeiten und auf die Einbuße ihrer Wirksamkeit und Wandlungskraft hinweisen, wenn eine aus ihren Bezügen zu anderen Geistesfaktoren herausgelöste satiin Blöße als ein quasi ›sauberes‹ kognitives Gewahrsein zum eigenständigen Allheilmittel gemacht wird.