Wissenschaft und Zen

  • Harald Walach
Schlüsselwörter: Zen, Wissenschaft, Kultur des Bewusstseins, Komplementarität

Zusammenfassung

Wissenschaft ist in der hier gebrauchten Definition ein methodisches Vorgehen, um Erkenntnis über unsere natürliche Umwelt zu gewinnen, das geprägt ist von der gleichzeitigen Anwendung radikaler Offenheit und Skepsis gegenüber Meinungen und Vorurteilen. Sie hat sich über Jahrhunderte über methodische Absicherungen gegen Irrtum zu einem mächtigen Instrument entwickelt. Gleichzeitig beschränkt sie sich auf einen Zugang von außen. Zen – hier stellvertretend für andere spirituelle Traditionen gewählt – geht mit der gleichen Haltung vor und wendet sich nach innen. Insofern sind der äußere Erfahrungszugang der Wissenschaft und der innere des Zen komplementäre Zugänge, die sich gut vertragen. Allerdings haben wir keinen verbindlichen Konsens über die Methodologie der Innenerfahrung gefunden. Es gibt Vorgänger in der Geschichte der Wissenschaft, aber bislang ist der Innenzugang zu Erkenntnis wissenchaftlich vernachlässigt. Vielleicht sollte unter dem Stichwort „Kultur des Bewusstseins“, also einer systematischen Kultivierung des Bewusstseins als Forschungsinstrument, ein erster Schritt getan werden. Das würde vielleicht die Wissenschaft effektiver und die spirituellen Traditionen wissenschaftlich solider machen.

Autor/innen-Biografie

Harald Walach

Prof. Dr. Dr. Dipl. Psych., ist klinischer Psychologe, Philosoph und Wissenschaftshistoriker. Er lehrte einige Jahre als Dozent an der Universität Freiburg, wo er eine Forschungsgruppe für Komplementärmedizin- und Naturheilkundeforschung maßgeblich mit aufbaute. 2010 wurde er an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder zum Professor für Forschungsmethodik, komplementärer Medizin und Heilkunde ernannt. Er ist dort geschäftsführender Leiter des Instituts für transkulturelle Gesundheitswissenschaften. Er beschäftigt sich mit der Schnittstelle zwischen Bewusstsein und Körper. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen unter anderem die Wirkung von Spiritualität und Achtsamkeitsmeditationen auf die Gesundheit sowie die Entstehung des Placeboeffekts. E-Mail: walach@ europa-uni.de

Veröffentlicht
2013-07-18